Offener Brief an die Mitglieder des Stadtrats zur Zukunft der Stadtgalerie Bern und zur Zukunft der bildenden Kunst in Bern

Bern, 23.06.2021

Werte Stadträtinnen und Stadträte

Mit der Hochschule der Künste (HKB) ist Bern ein schweizweit strahlender Standort der Kunstausbildung. Studentinnen und Studenten kommen nach Bern, richten sich ein, arbeiten in unserer Stadt und beginnen ihr Netzwerk aufzubauen. Jede Stadt würde sich fragen, was sie unternehmen kann, dieses Potenzial zu nutzen und die Leute in der Stadt zu halten, wenn sie eine eigenständige Stimme und Handschrift entwickelt haben. Dass dies in Bern möglich ist, hat die Vergangenheit bewiesen.

Nun passiert aber genau das Gegenteil: Die Stadtgalerie Bern wird geschlossen, die Kommission Kunst im öffentlichen Raum KiöR wird zusammengestrichen und die Beiträge an die Kunsthalle Bern werden gekürzt.

Von einer Stadt, die vor nicht allzu langer Zeit stolz das Entwickeln einer Kulturstrategie verkündete, erwarten wir tiefere Einblicke in die Zusammenhänge und Möglichkeiten. Deshalb wenden wir uns nun an Sie mit folgenden Überlegungen.

Die Stadtgalerie Bern mit dem Argument zu schliessen, keine Kürzungen bei der Direktförderung machen zu wollen, ist wie einem Fisch Futter zu geben, und gleichzeitig das Wasser abzulassen.

Dabei bräuchte es dringend Massnahmen, den Wegzug der talentiertesten Abgängerinnen der HKB zu bremsen. Die Stadtgalerie spielt hier eine entscheidende Rolle. Sie bietet Kunstschaffenden eine reale Perspektive, über eine Einzelausstellung nationale Sichtbarkeit zu erlangen, nach dem Studium und nach ersten Erfahrungen in Off Spaces. Die Zerstörung dieser Infrastruktur bedroht eine ganze Berufssparte. Lassen Sie das nicht zu!

Nur eine städtische Institution mit einem klaren Auftrag kann Verlässlichkeit bieten und ein unersetzliches Zeitdokument herstellt: ein Gedächtnis der Geschichte der gegenwärtigen Kunst in Bern. Diese Leistung kann (und will) keine private Institution erbringen. Ein ausgewogenes Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Institutionen ist äusserst wertvoll. Das «Ja» der Berner Bevölkerung 2009 zum PROGR war auch ein Ja zu Ausstellungsräumen. Die Stadt kann mit der Stadtgalerie im PROGR auf effiziente Weise einen wertvollen Beitrag zur Erfüllung dieses Volkswillens leisten: zentral, vernetzt, produktiv, langfristig.

Ganz klar: Die Stadtgalerie der Kulturstadt Bern hätte gar nie auf die Liste der Kürzungsanträge gesetzt werden dürfen! Entfernen Sie die Stadtgalerie von der Liste und unterstützen Sie damit die zukünftige Kulturstadt Bern!

Die bildende Kunst wird bei den Sparvorschlägen in der Kultur benachteiligt. Das ist unfair!

Vier der sechs Sparvorschläge in der Kultur sind spartenübergreifend, zwei betreffen ausschliesslich die bildende Kunst: die Stadtgalerie und die Kommission Kunst im öffentlichen Raum KiöR. Weshalb diese Benachteiligung einer Sparte? Zudem ist die Kunsthalle Bern benachteiligt, da ihr Budget nicht wie bei anderen Institutionen mit Leistungsvertrag kürzlich erhöht wurde.

Schaffen Sie einen Ausgleich, indem Sie neben der Stadtgalerie auch die KiöR und die Kunsthalle unangetastet lassen.

Bei Fragen und für Gespräche stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse, Ronny Hardliz

www.pro-stadtgalerie.ch

www.stadtkunstfest.ch

www.not-the-arts.ch